In zunehmend pluralistischen Gesellschaften ist es eine der zentralen Herausforderungen unserer Zeit, ein Miteinander ohne destruktive Konflikte zu ermöglichen. Zentrale Linien der Ab- und Ausgrenzung verlaufen dabei entlang von Geschlechterrollen, Behinderungen, des Alters, der politischen Gesinnung oder auch des sozio-ökonomischen Status. Digitale Technologie spielt in den Mechanismen der Differenzierung, also der sozialen Abgrenzung gegenüber anderen, eine Schlüsselrolle, online sowie in physischen Kontexten. Dieses Projekt fragt danach, wie interaktive Technologien dazu benutzt werden können, um intelligente, physische Räume zu schaffen, in denen diverse Gruppen von Menschen bedeutsame und verbindende gemeinsame Erfahrungen machen können. Über den Ansatz der Designforschung bauen wir auf dem Konzept Diversity Computing auf und setzen es im Rahmen von unstrukturierten Zwischenräumen in Schulen, wie etwa in Gängen, Pausenräumen oder Schulhöfen, für Kinder und junge Erwachsene um - Kontexte, in denen sehr unterschiedliche Gruppen miteinander in Kontakt kommen und komplexe Prozesse der Ab- und Ausgrenzung entstehen und erlernt werden.
Solche Räume (DivComp Spaces) zu gestalten, bringt eine Reihe von neuen, wissenschaftlichen Herausforderungen mit sich. Zum einen brauchen wir a) neue Methoden, um Technologie so zu gestalten, dass sie nicht normativ wirkt und auf Unterschiede positiv eingeht. Zum anderen braucht es b) technische Innovation, die verschiedenste Interaktionsmöglichkeiten miteinander verbindet, um bedeutsame gemensame Erfahrungen zu erzeugen. Schließlich braucht es auch c) theoretische Arbeit, um die Rolle von Technologie in den komplexen Prozessen der Ab- und Ausgrenzung zu verstehen. DivComp Spaces sind Räume, die für verschiedene Menschen auf verschiedene Art und Weise Sinn machen, aber dennoch einen gemeinsamen Rahmen anbieten. Sie sind auf Begegnungen und Teilhabe ausgerichtet, die konstruktive, respektvolle und gewaltlose Auseinandersetzungen anstatt negative Ausgrenzung und Konflikt ermöglichen. Dies setzt den vorherrschenden Rollen von Technologie, die Gleichheit und Individualismus fördern, eine Vision der Pluralität und Zusammengehörigkeit entgegen.
Die wissenschaftlichen Ergebnisse dieser Forschung tragen zu verschiedenen Disziplinen bei. Zum einen zu den Kernfeldern der Mensch-Maschine-Kommunikation (Human-Computer Interaction) und der partizipativen Designforschung. Darüber hinaus aber auch zur Informatik im Allgemeinen (z. B. Sensorik und Datenverarbeitung), zur Soziologie (z. B. Gruppendynamiken), zur Philosophie (z. B. Ethik) und zu den Kognitivwissenschaften. Über alle diese Wissenschaftsdisziplinen hinweg gehen die Erkenntnisse, die dieses Projekt erzeugt, über eine rein beschreibende Analyse hinaus. Sie verbinden vielmehr ein besseres Verstehen von komplexen sozialen Vorgängen mit der konkreten Gestaltung von alternativen, technologischen Zukünften.